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Rede der Abiturientinnen und Abiturienten des Geschwister-Scholl-Gymnasiums Taucha 2022

Bewahren Sie bitte Ruhe und geraten Sie unter keinen Umständen in Panik. Das GSG hat die hier anwesenden Personen stichprobenartig getestet und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass ca. 20 % infiziert sind. Es liegen 77 Fälle von gymnasialer Laufbahn im Endstadium vor. Also seien Sie gewarnt. Studien zeigen, eine mögliche Langzeitfolge ist eine verminderte Aufmerksamkeitsspanne der Infizierten, in Fachkreisen auch Absolventen genannt. Glücklicherweise besteht aber Hoffnung. Denn, wie unser Abimotto bereits offenbart: Abicetamol bereitet dem Schmerz nun ein Ende.

Liebe Abiturientinnen und Abiturienten, sehr geehrte Frau Rentsch, sehr geehrte Lehrerinnen und Lehrer, liebe Eltern und Verwandte, liebe Freunde und Gäste,
wir haben gelernt, geraten, gewusst, gezweifelt, gegrübelt, gegoogelt, gespickt, geirrt, gelitten, gejammert, gelacht und wurden immer wieder getestet – schriftlich, mündlich und mittels Abstrich. Wir haben es geschafft!
Schienen uns manche Unterrichtsstunden auch schier endlos, so sind doch 12 Schuljahre wie im Fluge vergangen. 12 Jahre voller Sätze wie „Der Lehrer beendet den Unterricht, nicht die Klingel.“ oder „Die 42 Sekunden haben wir noch.“ und „Ich weiß nicht, ob du auf Toilette kannst.“ Zuletzt auch „Schreibt euch das auf, das könnte im Abitur drankommen.“ – Kleines Geheimnis: 90% kam nicht dran.
Wir haben so vieles gelernt: Das Mitochondrium ist das Kraftwerk einer Zelle – danke an alle Biolehrer. Wahrscheinlichkeitsrechnung wird nicht dem Zufall überlassen – liebe Grüße an Herrn Kaule. Und jeder Dackel ist ein Hund, aber nicht jeder Hund ist ein Dackel – nicht wahr, Frau Rentsch?
Wir haben 8 Jahre einen gemeinsamen Weg beschritten, der sich jetzt in einzelne Pfade aufspaltet. Das Bestehen des Abiturs stellt für uns alle einen großen Erfolg dar. Nun haben wir die Qual der Wahl, wie wir unser Leben gestalten wollen. Dabei ist es erlaubt, sich umzuentscheiden und es gehört Mut dazu, verschiedene Wege auszuprobieren. Unsere Zukunft wird von uns selbst definiert – bei manchen sicher ein bisschen noch von den Eltern. Jeder hat ein anderes Ziel vor Augen: Wir streben danach, Arzt, Hebamme, Ingenieur, Journalistin, Sportler und Musikerin zu werden (oder montagmorgens einfach ohne Kater aufzuwachen). Es ist erstaunlich, jeder hat nun die Möglichkeit, unendlich viel in dieser Welt zu verändern. Auch die BWL-Studenten sind davon nicht ausgenommen. Wie es Frau Woinke einmal ausgedrückt hat: „Jeder von [uns] trägt einen leuchtenden Diamanten in sich, [wir] müssen ihn nur finden.“
Alles begann vor 12 Jahren mit der Drohung: „Nun beginnt der Ernst des Lebens.“ Fakt ist: Schule ist im Endeffekt nur so ernst, wie man sie selbst nimmt. Unsere Grundschulzeit war noch unbeschwert. Spielerisch haben wir rechnen, schreiben und lesen gelernt. Darauf folgte unser 1. Schultag auf dem Gymnasium: Zusammenfassend bestand dieser aus einem aufgeregten Kinderhaufen, einem Begrüßungsprogramm, an das wir uns nur verschwommen erinnern können und Orientierungslosigkeit in einer riesigen Schule. Schnell lernten wir neue Freunde, neue Lehrer und neue Fächer kennen. In der 5. und 6. Klasse glaubten wir, die Lehrer hätten Spaß daran, uns zu quälen. Es stellte sich später aber heraus, dass die geschaffenen Grundlagen durchaus hilfreich waren.

Was nicht dazu beigetragen hat, war das Fach „Lernen lernen“. Wir sollten herausfinden, welcher Lerntyp – beispielsweise der visuelle, auditive, kommunikative oder der motorische – am besten zu uns passt. Manche von uns sind jetzt noch auf der Suche danach. Bei dieser Kategorisierung erschienen uns die „Last-Minute-Lerner“ irgendwie unterrepräsentiert, denn davon kenne ich einige in unserem Jahrgang.
Neben dem Unterricht besuchten wir Arbeitsgemeinschaften, spielten Volleyball und Fußball, Tischtennis und Theater, schrieben Artikel für die Schülerzeitung oder tüftelten in der LEGO-AG. Etliche Schüler haben von der 5. Klasse an bis in die SEK II im Chor gesungen.
Aber nicht nur das alljährliche Weihnachtskonzert stellte einen Höhepunkt unseres Schullebens dar, sondern auch die gemeinsamen Fahrten und Ausflüge: Die Kennlernfahrt in der 5. Klasse, die Reise nach England zwei Jahre später, die Fahrt nach Frankreich im Rahmen unserer Schulpartnerschaft mit dem College Lafayette in der 8. Klasse, das Skilager in Südtirol in Klasse 9, die Bildungsfahrt nach Berlin in diesem Schuljahr sowie die Abschlussreisen nach Potsdam und Prag vor einigen Wochen. So vielfältig wie die Reiseorte waren auch die gesammelten Erfahrungen. Die letzten Endes leere Androhung eines Tests über die heimische Pflanzenwelt Dreiskau-Muckerns durch Herrn Solinger veranlasste uns dazu, panisch mitzuschreiben – was später in der Sek II in allen Fächern zur Normalität wurde. Die Zeit bei unseren englischen und französischen Gastfamilien machte deutlich, dass unsere Sprachkenntnisse doch zur Verständigung ausreichen. Und auch auf der Ski-Piste stellten wir fest, dass noch kein Meister vom Himmel gefallen ist – man fällt nur, wenn Patrick die Abfahrt nimmt.
Während der Bildungsreise nach Berlin lernten wir nicht nur unsere Hauptstadt besser kennen, sondern erhielten Einblicke in die politische Landschaft und das pulsierende Leben der Metropole. Expressionistische Berlin-Gedichte über allerlei Exzesse erschienen uns von da an nicht mehr fremd. Auch die Abschlussfahrten nach Prag und Potsdam haben uns gezeigt, wie sehenswert beide Kulturstädte – bei Tag und nach 22 Uhr – sind: Potsdam ist dann am interessantesten, wenn man nach Berlin fährt, und die goldene Stadt Prag fasziniert nicht nur, wenn man 16 km auf den Spuren Kafkas unterwegs ist, sondern auch durch das strenge Alkoholverbot im öffentlichen Raum.
In der Sek II gab es einige Veränderungen, an die wir uns gewöhnen mussten. Die erste begann bereits am Ende der 10. Klasse mit der Kurswahl. Weg mit quälend langen Reaktionsgleichungen, unverständlichen französischen Radiosprechern oder dem verzweifelten Versuch, die russische Grammatik zu verstehen. Darüber hinaus das Punktesystem: Verrückt, dass auf einmal die hohen Zahlen erstrebenswert waren. Durch das Kurssystem wurden die bis dahin festgefügten Gruppen durchmischt und es entstand in einigen Kursen ein fast familiäres Umfeld.
Anders als die vorherigen Jahrgänge hatten wir allerdings eine weitere Herausforderung zu meistern: Wir meinen natürlich die, die uns das griechische Alphabet ganz nebenbei lehrte: Es war ungewohnt, im Bademantel oder Pyjama am Unterricht teilzunehmen oder sich dem Stoff überhaupt erst abends, am Wochenende oder in einigen Fällen auch gar nicht zu stellen. Letztendlich waren wir doch froh, wieder in der Schule sein zu dürfen und einem strukturierten Alltag zu folgen. Ein Satz, von dem ich nie gedacht hätte, dass er mir einmal über die Lippen kommt. An dieser Stelle geht ein herzliches Dankeschön an unseren Sicherheitsbeauftragten Herrn Kuhne, der uns hervorragend durch diese aufregende Zeit manövriert hat.
Wir sind der Abiturjahrgang 2022. Wir wissen, was es heißt, sich durchschlagen zu müssen. Sei es als Heranwachsende mehr als zwei Jahre Pandemie zu erleben oder digitalen Hindernissen zu trotzen. Unsere Generation steht aber auch den Gefahren des allgegenwärtigen Klimawandels und des weiter andauernden Krieges in Europa gegenüber. Das geht an uns nicht spurlos vorbei.
Und dennoch lassen wir uns das Recht auf eine unbeschwerte Jugend nicht nehmen. Einmal zu wagen, über die Stränge zu schlagen, ist doch unser größtes Privileg.
So gestalteten wir die Mottowoche als mentalen Abschluss unserer Schullaufbahn. Verspätetes Erscheinen zum Unterricht aufgrund großangelegter Fotoshootings oder aufgrund der Tatsache, dass eine Matratze als Kostüm nicht so einfach durch den Türrahmen passt, wurde durch grandioses Entertainment wettgemacht.
Danach begann DIE Zeit, die Zeit des Zuhauseseins, Ausschlafens und Langewachbleibens, kurz: die Prüfungsvorbereitung. Hand aufs Herz, Leute: Wer von uns hat denn – wie empfohlen – tatsächlich im Februar angefangen, für die Abiprüfungen zu lernen? Und dann die fast schon rhetorische Frage: ”Fühlen Sie sich gesundheitlich in der Lage, die Abiturprüfung abzulegen?“ Was man denkt: “Ich habe die halbe Nacht nicht geschlafen, heute Früh kein Frühstück herunterbekommen, mein Herz rast und wenn ich mich nicht konzentriere, breche ich gleich in den Gang.” Was man sagt: „Ja.“
Was haben wir nicht alles für Stressbewältigungsstrategien verfolgt: Den Austausch mit Freunden (Denn geteiltes Leid ist halbes Leid, außer es potenziert sich.), die Last-Minute-Erklär-Telefonate, das Raucherfrühstück, die Kaffeeexzesse – der Rest gehört nicht hier her. Durch die Schulzeit wissen wir inzwischen: 1. Es gibt Schmerzhafteres als einen Legostein unterm Fuß, 2. Wissen ist nicht Macht, sondern wissen, wo es steht und 3. Bier auf Wein, lass das sein. Aber Spaß beiseite: Die Schule hat uns reifer, klüger und selbstständiger gemacht. Vor allem haben wir gelernt, uns auf Wesentliches zu konzentrieren, mit Misserfolgen umzugehen und kritikfähig zu sein (Oder wir arbeiten zumindest daran.). Uns ist klar, dass wir in keiner gerechten Welt leben. Davon lassen wir uns aber nicht niederschlagen.
Wir hinterfragen nun, was uns der Dichter sagen will, anstatt zu überlegen, was er genommen hat. Nicht nur Juli Zehs dystopische Gesellschaftsentwicklung, Euripides‘ antiker Ehekrach, und Kafkas schwere Lebenszeit waren Thema. Nein, wir haben selbst Geschichte geschrieben: Wir haben uns politisch und sozial engagiert, wie Alunga durch ihren Einsatz im Jugendparlament. Wir haben selbst Streit, Versöhnung und Verständnis erfahren – nicht nur unter uns Schülern, sondern auch zwischen Schülern und Lehrern. In unserer Schulzeit ist viel Schweiß, sogar die ein oder andere Träne geflossen und der Stresspegel war häufig hoch. Aber mal im Ernst: Es sollte nicht jede Lektion aus dem Unterricht zu streng als orientierungsstiftende Weisheit betrachtet werden – vielmehr als Vorbereitung zur Lösung künftiger Probleme.
Jedoch haben wir den „Ernst des Schullebens“ nicht allein bewältigen müssen, sondern erhielten tatkräftige Unterstützung. Deshalb wollen wir die Gelegenheit nutzen, uns bei denjenigen zu bedanken, ohne die wir das Abi niemals geschafft hätten: Danke an Sommers Weltliteratur, Daniel Jung, simpleclub und den Gründer von Wikipedia, Jimmy Wales.
Natürlich gilt auch unserer Schulleiterin Frau Rentsch ein Dank, ebenso unserer ehemaligen Schulleiterin Frau Danz, die uns bis zur 10. Klasse begleitet hat. Vielen Dank an Herrn Deuschle, unseren stellvertretenden Schulleiter, und unseren Oberstufenberater Herrn Uhlich. Ohne Sie wären wir planlos in die Sek II ausgesetzt worden und hilflos von Raum zu Raum geirrt.
Weiterhin gebührt allen Lehrerinnen und Lehrern, die uns unterrichtet haben, ein großes Dankeschön. Herzlichen Dank an unsere ehemaligen Klassenlehrerinnen und -lehrer Frau Heider, Frau Schmechtig, Frau Lörzing, Frau Kunze und Herrn Wagner. Ein ganz besonderer Dank geht an die Tutorinnen und Tutoren Frau Zschunke, Frau Woinke, Frau Zernia, Herrn Kaule und Herrn Kießling. Sie waren bis zum Abitur unsere wichtigsten Ansprechpartner und haben uns Kraft, Mut und Zuversicht gegeben.
Natürlich gilt auch unseren Sekretärinnen, unseren Hausmeistern und unserem Schulsozialarbeiter Herrn Rößner sowie dem gesamten Schulpersonal unser Dank. Ohne Ihren unermüdlichen Einsatz wäre ein reibungsloser Tagesablauf nicht möglich gewesen.
Wir danken außerdem Freunden und Geschwistern, die uns abgefragt und Zusammenhänge erklärt haben oder einfach nur seelischen Beistand leisteten. Der größte Dank gilt aber unseren lieben Eltern.
Danke für eure Unterstützung, die ihr, wenn es darauf ankam, 24 Stunden rund um die Uhr geleistet habt. Danke für das Auffangnetz, welches ihr für uns wart. Diese sicheren Umstände boten überhaupt erst die Möglichkeit, uns um unsere schulischen Aufgaben zu kümmern. Ihr habt uns all die Jahre den Hunger nach neuem Wissen erhalten, der nicht durch ein täglich frisches Pausenbrot von Mutti gestillt werden konnte (Grüße gehen raus an Jacob und seine stets liebevoll gepackte Brotbüchse.). Den Durst haben wir durch unsere Freunde gelernt, aber das ist wieder eine andere Geschichte.
Wir können zurecht auch stolz auf uns sein, darauf, dass wir heute in diesen adretten Talaren vor Ihnen stehen. Wir haben es gemeinsam geschafft.
Wir haben gelernt, geraten, gewusst, gezweifelt, gegrübelt, gegoogelt, gespickt, geirrt, gelitten, gejammert, gelacht, wurden immer wieder getestet und haben Wissen, Erfahrungen, Erinnerungen und Freunde fürs Leben gewonnen. Und selbst wenn sich nun unsere Wege trennen. Wir sind und bleiben einander immer verbunden. Das auch durch unzählige exquisite Schnappschüsse, an denen wir uns ein Leben lang erfreuen können. Wir haben uns heute Morgen zu einem letzten gemeinsamen Foto zusammengefunden und in wenigen Minuten endet unsere gemeinsame Schulzeit.

Vielen Dank für Ihre und eure Aufmerksamkeit.

PS: Liebe Absolventen, zur Illustration eurer feierlichen Zeugnisübergabe sind ein paar Fotos angefügt. Für die dokumentarische Vollständigkeit ist das Fotohaus Bautzmann zuständig. Es sind freilich wesentlich mehr Fotos entstanden, die ich unbearbeitet in die dropbox lege. Diese könnt ihr euch downloaden und ausschließlich!!! privat verwenden. Keines der Fotos darf auf sozialen Medien oder anderweitig im Internet erscheinen!!!
Für den dropbox-link fragt bitte bei H. Peltzer an.

Rede der Abiturientinnen und Abiturienten des Geschwister-Scholl-Gymnasiums Taucha 2022

Bewahren Sie bitte Ruhe und geraten Sie unter keinen Umständen in Panik. Das GSG hat die hier anwesenden Personen stichprobenartig getestet und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass ca. 20 % infiziert sind. Es liegen 77 Fälle von gymnasialer Laufbahn im Endstadium vor. Also seien Sie gewarnt. Studien zeigen, eine mögliche Langzeitfolge ist eine verminderte Aufmerksamkeitsspanne der Infizierten, in Fachkreisen auch Absolventen genannt. Glücklicherweise besteht aber Hoffnung. Denn, wie unser Abimotto bereits offenbart: Abicetamol bereitet dem Schmerz nun ein Ende.

Liebe Abiturientinnen und Abiturienten, sehr geehrte Frau Rentsch, sehr geehrte Lehrerinnen und Lehrer, liebe Eltern und Verwandte, liebe Freunde und Gäste,
wir haben gelernt, geraten, gewusst, gezweifelt, gegrübelt, gegoogelt, gespickt, geirrt, gelitten, gejammert, gelacht und wurden immer wieder getestet – schriftlich, mündlich und mittels Abstrich. Wir haben es geschafft!
Schienen uns manche Unterrichtsstunden auch schier endlos, so sind doch 12 Schuljahre wie im Fluge vergangen. 12 Jahre voller Sätze wie „Der Lehrer beendet den Unterricht, nicht die Klingel.“ oder „Die 42 Sekunden haben wir noch.“ und „Ich weiß nicht, ob du auf Toilette kannst.“ Zuletzt auch „Schreibt euch das auf, das könnte im Abitur drankommen.“ – Kleines Geheimnis: 90% kam nicht dran.
Wir haben so vieles gelernt: Das Mitochondrium ist das Kraftwerk einer Zelle – danke an alle Biolehrer. Wahrscheinlichkeitsrechnung wird nicht dem Zufall überlassen – liebe Grüße an Herrn Kaule. Und jeder Dackel ist ein Hund, aber nicht jeder Hund ist ein Dackel – nicht wahr, Frau Rentsch?
Wir haben 8 Jahre einen gemeinsamen Weg beschritten, der sich jetzt in einzelne Pfade aufspaltet. Das Bestehen des Abiturs stellt für uns alle einen großen Erfolg dar. Nun haben wir die Qual der Wahl, wie wir unser Leben gestalten wollen. Dabei ist es erlaubt, sich umzuentscheiden und es gehört Mut dazu, verschiedene Wege auszuprobieren. Unsere Zukunft wird von uns selbst definiert – bei manchen sicher ein bisschen noch von den Eltern. Jeder hat ein anderes Ziel vor Augen: Wir streben danach, Arzt, Hebamme, Ingenieur, Journalistin, Sportler und Musikerin zu werden (oder montagmorgens einfach ohne Kater aufzuwachen). Es ist erstaunlich, jeder hat nun die Möglichkeit, unendlich viel in dieser Welt zu verändern. Auch die BWL-Studenten sind davon nicht ausgenommen. Wie es Frau Woinke einmal ausgedrückt hat: „Jeder von [uns] trägt einen leuchtenden Diamanten in sich, [wir] müssen ihn nur finden.“
Alles begann vor 12 Jahren mit der Drohung: „Nun beginnt der Ernst des Lebens.“ Fakt ist: Schule ist im Endeffekt nur so ernst, wie man sie selbst nimmt. Unsere Grundschulzeit war noch unbeschwert. Spielerisch haben wir rechnen, schreiben und lesen gelernt. Darauf folgte unser 1. Schultag auf dem Gymnasium: Zusammenfassend bestand dieser aus einem aufgeregten Kinderhaufen, einem Begrüßungsprogramm, an das wir uns nur verschwommen erinnern können und Orientierungslosigkeit in einer riesigen Schule. Schnell lernten wir neue Freunde, neue Lehrer und neue Fächer kennen. In der 5. und 6. Klasse glaubten wir, die Lehrer hätten Spaß daran, uns zu quälen. Es stellte sich später aber heraus, dass die geschaffenen Grundlagen durchaus hilfreich waren.

Was nicht dazu beigetragen hat, war das Fach „Lernen lernen“. Wir sollten herausfinden, welcher Lerntyp – beispielsweise der visuelle, auditive, kommunikative oder der motorische – am besten zu uns passt. Manche von uns sind jetzt noch auf der Suche danach. Bei dieser Kategorisierung erschienen uns die „Last-Minute-Lerner“ irgendwie unterrepräsentiert, denn davon kenne ich einige in unserem Jahrgang.
Neben dem Unterricht besuchten wir Arbeitsgemeinschaften, spielten Volleyball und Fußball, Tischtennis und Theater, schrieben Artikel für die Schülerzeitung oder tüftelten in der LEGO-AG. Etliche Schüler haben von der 5. Klasse an bis in die SEK II im Chor gesungen.
Aber nicht nur das alljährliche Weihnachtskonzert stellte einen Höhepunkt unseres Schullebens dar, sondern auch die gemeinsamen Fahrten und Ausflüge: Die Kennlernfahrt in der 5. Klasse, die Reise nach England zwei Jahre später, die Fahrt nach Frankreich im Rahmen unserer Schulpartnerschaft mit dem College Lafayette in der 8. Klasse, das Skilager in Südtirol in Klasse 9, die Bildungsfahrt nach Berlin in diesem Schuljahr sowie die Abschlussreisen nach Potsdam und Prag vor einigen Wochen. So vielfältig wie die Reiseorte waren auch die gesammelten Erfahrungen. Die letzten Endes leere Androhung eines Tests über die heimische Pflanzenwelt Dreiskau-Muckerns durch Herrn Solinger veranlasste uns dazu, panisch mitzuschreiben – was später in der Sek II in allen Fächern zur Normalität wurde. Die Zeit bei unseren englischen und französischen Gastfamilien machte deutlich, dass unsere Sprachkenntnisse doch zur Verständigung ausreichen. Und auch auf der Ski-Piste stellten wir fest, dass noch kein Meister vom Himmel gefallen ist – man fällt nur, wenn Patrick die Abfahrt nimmt.
Während der Bildungsreise nach Berlin lernten wir nicht nur unsere Hauptstadt besser kennen, sondern erhielten Einblicke in die politische Landschaft und das pulsierende Leben der Metropole. Expressionistische Berlin-Gedichte über allerlei Exzesse erschienen uns von da an nicht mehr fremd. Auch die Abschlussfahrten nach Prag und Potsdam haben uns gezeigt, wie sehenswert beide Kulturstädte – bei Tag und nach 22 Uhr – sind: Potsdam ist dann am interessantesten, wenn man nach Berlin fährt, und die goldene Stadt Prag fasziniert nicht nur, wenn man 16 km auf den Spuren Kafkas unterwegs ist, sondern auch durch das strenge Alkoholverbot im öffentlichen Raum.
In der Sek II gab es einige Veränderungen, an die wir uns gewöhnen mussten. Die erste begann bereits am Ende der 10. Klasse mit der Kurswahl. Weg mit quälend langen Reaktionsgleichungen, unverständlichen französischen Radiosprechern oder dem verzweifelten Versuch, die russische Grammatik zu verstehen. Darüber hinaus das Punktesystem: Verrückt, dass auf einmal die hohen Zahlen erstrebenswert waren. Durch das Kurssystem wurden die bis dahin festgefügten Gruppen durchmischt und es entstand in einigen Kursen ein fast familiäres Umfeld.
Anders als die vorherigen Jahrgänge hatten wir allerdings eine weitere Herausforderung zu meistern: Wir meinen natürlich die, die uns das griechische Alphabet ganz nebenbei lehrte: Es war ungewohnt, im Bademantel oder Pyjama am Unterricht teilzunehmen oder sich dem Stoff überhaupt erst abends, am Wochenende oder in einigen Fällen auch gar nicht zu stellen. Letztendlich waren wir doch froh, wieder in der Schule sein zu dürfen und einem strukturierten Alltag zu folgen. Ein Satz, von dem ich nie gedacht hätte, dass er mir einmal über die Lippen kommt. An dieser Stelle geht ein herzliches Dankeschön an unseren Sicherheitsbeauftragten Herrn Kuhne, der uns hervorragend durch diese aufregende Zeit manövriert hat.
Wir sind der Abiturjahrgang 2022. Wir wissen, was es heißt, sich durchschlagen zu müssen. Sei es als Heranwachsende mehr als zwei Jahre Pandemie zu erleben oder digitalen Hindernissen zu trotzen. Unsere Generation steht aber auch den Gefahren des allgegenwärtigen Klimawandels und des weiter andauernden Krieges in Europa gegenüber. Das geht an uns nicht spurlos vorbei.
Und dennoch lassen wir uns das Recht auf eine unbeschwerte Jugend nicht nehmen. Einmal zu wagen, über die Stränge zu schlagen, ist doch unser größtes Privileg.
So gestalteten wir die Mottowoche als mentalen Abschluss unserer Schullaufbahn. Verspätetes Erscheinen zum Unterricht aufgrund großangelegter Fotoshootings oder aufgrund der Tatsache, dass eine Matratze als Kostüm nicht so einfach durch den Türrahmen passt, wurde durch grandioses Entertainment wettgemacht.
Danach begann DIE Zeit, die Zeit des Zuhauseseins, Ausschlafens und Langewachbleibens, kurz: die Prüfungsvorbereitung. Hand aufs Herz, Leute: Wer von uns hat denn – wie empfohlen – tatsächlich im Februar angefangen, für die Abiprüfungen zu lernen? Und dann die fast schon rhetorische Frage: ”Fühlen Sie sich gesundheitlich in der Lage, die Abiturprüfung abzulegen?“ Was man denkt: “Ich habe die halbe Nacht nicht geschlafen, heute Früh kein Frühstück herunterbekommen, mein Herz rast und wenn ich mich nicht konzentriere, breche ich gleich in den Gang.” Was man sagt: „Ja.“
Was haben wir nicht alles für Stressbewältigungsstrategien verfolgt: Den Austausch mit Freunden (Denn geteiltes Leid ist halbes Leid, außer es potenziert sich.), die Last-Minute-Erklär-Telefonate, das Raucherfrühstück, die Kaffeeexzesse – der Rest gehört nicht hier her. Durch die Schulzeit wissen wir inzwischen: 1. Es gibt Schmerzhafteres als einen Legostein unterm Fuß, 2. Wissen ist nicht Macht, sondern wissen, wo es steht und 3. Bier auf Wein, lass das sein. Aber Spaß beiseite: Die Schule hat uns reifer, klüger und selbstständiger gemacht. Vor allem haben wir gelernt, uns auf Wesentliches zu konzentrieren, mit Misserfolgen umzugehen und kritikfähig zu sein (Oder wir arbeiten zumindest daran.). Uns ist klar, dass wir in keiner gerechten Welt leben. Davon lassen wir uns aber nicht niederschlagen.
Wir hinterfragen nun, was uns der Dichter sagen will, anstatt zu überlegen, was er genommen hat. Nicht nur Juli Zehs dystopische Gesellschaftsentwicklung, Euripides‘ antiker Ehekrach, und Kafkas schwere Lebenszeit waren Thema. Nein, wir haben selbst Geschichte geschrieben: Wir haben uns politisch und sozial engagiert, wie Alunga durch ihren Einsatz im Jugendparlament. Wir haben selbst Streit, Versöhnung und Verständnis erfahren – nicht nur unter uns Schülern, sondern auch zwischen Schülern und Lehrern. In unserer Schulzeit ist viel Schweiß, sogar die ein oder andere Träne geflossen und der Stresspegel war häufig hoch. Aber mal im Ernst: Es sollte nicht jede Lektion aus dem Unterricht zu streng als orientierungsstiftende Weisheit betrachtet werden – vielmehr als Vorbereitung zur Lösung künftiger Probleme.
Jedoch haben wir den „Ernst des Schullebens“ nicht allein bewältigen müssen, sondern erhielten tatkräftige Unterstützung. Deshalb wollen wir die Gelegenheit nutzen, uns bei denjenigen zu bedanken, ohne die wir das Abi niemals geschafft hätten: Danke an Sommers Weltliteratur, Daniel Jung, simpleclub und den Gründer von Wikipedia, Jimmy Wales.
Natürlich gilt auch unserer Schulleiterin Frau Rentsch ein Dank, ebenso unserer ehemaligen Schulleiterin Frau Danz, die uns bis zur 10. Klasse begleitet hat. Vielen Dank an Herrn Deuschle, unseren stellvertretenden Schulleiter, und unseren Oberstufenberater Herrn Uhlich. Ohne Sie wären wir planlos in die Sek II ausgesetzt worden und hilflos von Raum zu Raum geirrt.
Weiterhin gebührt allen Lehrerinnen und Lehrern, die uns unterrichtet haben, ein großes Dankeschön. Herzlichen Dank an unsere ehemaligen Klassenlehrerinnen und -lehrer Frau Heider, Frau Schmechtig, Frau Lörzing, Frau Kunze und Herrn Wagner. Ein ganz besonderer Dank geht an die Tutorinnen und Tutoren Frau Zschunke, Frau Woinke, Frau Zernia, Herrn Kaule und Herrn Kießling. Sie waren bis zum Abitur unsere wichtigsten Ansprechpartner und haben uns Kraft, Mut und Zuversicht gegeben.
Natürlich gilt auch unseren Sekretärinnen, unseren Hausmeistern und unserem Schulsozialarbeiter Herrn Rößner sowie dem gesamten Schulpersonal unser Dank. Ohne Ihren unermüdlichen Einsatz wäre ein reibungsloser Tagesablauf nicht möglich gewesen.
Wir danken außerdem Freunden und Geschwistern, die uns abgefragt und Zusammenhänge erklärt haben oder einfach nur seelischen Beistand leisteten. Der größte Dank gilt aber unseren lieben Eltern.
Danke für eure Unterstützung, die ihr, wenn es darauf ankam, 24 Stunden rund um die Uhr geleistet habt. Danke für das Auffangnetz, welches ihr für uns wart. Diese sicheren Umstände boten überhaupt erst die Möglichkeit, uns um unsere schulischen Aufgaben zu kümmern. Ihr habt uns all die Jahre den Hunger nach neuem Wissen erhalten, der nicht durch ein täglich frisches Pausenbrot von Mutti gestillt werden konnte (Grüße gehen raus an Jacob und seine stets liebevoll gepackte Brotbüchse.). Den Durst haben wir durch unsere Freunde gelernt, aber das ist wieder eine andere Geschichte.
Wir können zurecht auch stolz auf uns sein, darauf, dass wir heute in diesen adretten Talaren vor Ihnen stehen. Wir haben es gemeinsam geschafft.
Wir haben gelernt, geraten, gewusst, gezweifelt, gegrübelt, gegoogelt, gespickt, geirrt, gelitten, gejammert, gelacht, wurden immer wieder getestet und haben Wissen, Erfahrungen, Erinnerungen und Freunde fürs Leben gewonnen. Und selbst wenn sich nun unsere Wege trennen. Wir sind und bleiben einander immer verbunden. Das auch durch unzählige exquisite Schnappschüsse, an denen wir uns ein Leben lang erfreuen können. Wir haben uns heute Morgen zu einem letzten gemeinsamen Foto zusammengefunden und in wenigen Minuten endet unsere gemeinsame Schulzeit.

Vielen Dank für Ihre und eure Aufmerksamkeit.

PS: Liebe Absolventen, zur Illustration eurer feierlichen Zeugnisübergabe sind ein paar Fotos angefügt. Für die dokumentarische Vollständigkeit ist das Fotohaus Bautzmann zuständig. Es sind freilich wesentlich mehr Fotos entstanden, die ich unbearbeitet in die dropbox lege. Diese könnt ihr euch downloaden und ausschließlich!!! privat verwenden. Keines der Fotos darf auf sozialen Medien oder anderweitig im Internet erscheinen!!!
Für den dropbox-link fragt bitte bei H. Peltzer an.