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Die Geschichte unserer Schule

„Je weiter du zurückblicken kannst,
desto weiter wirst du voraussehen.“

Winston Churchill

Custodia

Die Ersterwähnung einer Knabenschule in Taucha fällt in das Jahr 1529 und damit in die Zeit der Gründungswelle von Schulen, welche auf das Wirken der Humanisten zurückzuführen ist. Jedoch handelte es sich bei der Tauchaer Knabenschule um keine humanistisch geprägte Stadtschule, sondern um eine Küsterschule, „Custodia“ genannt. Diese unterlag weder staatlichem Gesetz noch Aufsicht. (1)
In einem Visitationsbericht von 1598 heißt es: „In der Schule aber würde die lehr des heiligen Catechismi mit der Jugent, beides in lateinischer und deutzcher sprach, vleißig und unnachlessig getrieben“. Darin kann man eine inhaltliche Anlehnung an die Lateinschulen der großen Städte sehen. Das Unterrichtsfach Rechnen wurde jedoch erst 1724 eingeführt.

Das erste Schulhaus befand sich an der Nahtstelle von Markt und der heutigen Eilenburger Straße. Als erster Schulmeister (1526-1540) ist Leonhard Heiligmeier genannt, der später Taucha verließ, um in Püchau als Pfarrer zu wirken.
Im Jahr 1607 wurde das alte Schulhaus öffentlich versteigert, da sich seit 1600 niemand fand, der es erwerben wollte. Den Zuschlag erhielt der Schneider Hannß Junge für ca. ein Viertel des geschätzten Wertes unter der Bedingung, dass er es nicht an einen „unruhigen Handwerker“, also Bäcker, Schmied, Schlosser, Böttcher oder dergleichen, verkaufen oder vermieten dürfe. Da das Grundstück in unmittelbarer Nähe der Kirche gelegen war, wollte man so der Ruhestörung und der Brandgefahr begegnen. (2)

1600 zog die Knabenschule in ein Gebäude direkt neben Sankt Moritz. Ob das Gebäude für diesen Zweck neu errichtet wurde oder ob es sich um ein ursprünglich von den katholischen Antoniermönchen, die 1533 von den Reformatoren vertrieben wurden (3), genutztes Haus handelte, ist nicht belegt. (4)

Mädchenschule

1578 wurde die Tauchaer Mädchenschule gegründet. Bei dem genutzten Gebäude handelte es sich um das Eckhaus Schlossstraße / Leipziger Straße. So erhielt der „Hertzog Heinrich„, Schlossvogt zu Taucha und Pachtmann des Rittergutes, 1597 die Erlaubnis, „sein new erkauft Heußlein daselbst, welches er noch nicht in Lehn hat, der Magdelein Schulmeisterin (Gertraud Wendtin) Zu vormiethen.“ (5)
Vermutlich hatte das Gebäude die Brandschatzungen des Dreißigjährigen Krieges nicht überdauert, denn die von den Tauchaern als „Jungfernschlösschen“ bezeichnete ehemalige Mädchenschule stand bis in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts direkt neben Sankt Moritz.

1618 bis 1840

Seit den Schlachten von Breitenfeld 1631 und von Lützen 1632 spürten auch die Tauchaer die Folgen des Dreißigjährigen Krieges. Vor allem in den Jahren 1637, 1639 und 1640 floh die Bevölkerung mehrfach „aus Not und höchster Drangsal“ nach Wurzen, Eilenburg und später nach Leipzig. (6)
„Was Taucha während jener Schreckenstage hat erdulden müssen, läßt sich schwer beschreiben. Alles wurde verbrannt und geplündert, selbst Pfarre und Schule in Viehställe umgewandelt und nur das Diakonat blieb verschont, weil Banners Feldprediger R. Decenius sein Quartier darin aufgeschlagen hatte. Schwedische Raubsucht schonte selbst die Leichen in den Gräbern nicht und die kaiserlichen, namentlich die Kroaten, machten´s nicht viel besser. Denn schlimmer noch als Hunger, Blöße und Pest marterten sich die Menschen untereinander. Die Tyrannei ist groß und übergroß; wenn die Feinde ergreiffen, den haben sie gereitelt, gesiedelt, einen schwedischen Trunk eingegeben, darumb es also bewandt: Nach grausamen Prügeln und Schlagen haben sie die elende Person auf den Rücken geleget, einen Stab, die Zwerg, in den Mund geleget, und mehrmals etliche Kannen Mistpfütze eingeflößet. Wenn solche zurück ihnen wieder aus dem Munde zu lauffen angefangen, so ist einer mit gleichen Füßen ihm auf die Brust gesprungen, durch welche Marter die Henkerbuben die Vorräthe haben finden wollen. Aber leider, Gott dir sei es geklagt, die meisten Personen starben elendiglich. Man schlug den Unglücklichen Pflöcke zwischen Nägel und Fleisch, schnitt Lebenden Riemen aus der Haut, setzte Daumenschrauben an, sägte die Kniescheibe an, schnitt die Fußsohlen auf und streute Salz und Gerste hinein. Man bratete Menschen langsam im Backofen, zündete unter kopfabwärts Aufgehangene Feuer an, nagelte Kinder als Ziel für die Pistolen an Thore an, kreuzigte Erwachsene, hing Männer an empfindlichen Gliedern auf oder kneipte ihnen diese ab. Dabei wütete die Pest in der furchtbarsten Weise.“ (7) [Jedoch muss hier erwähnt werden, dass Guth seine Quellen nicht benennt und es daher fraglich ist, ob diese Erfahrungsberichte sämtlichst aus Taucha stammen.]
Taucha wurde geplündert und gebrandschatzt, in der Folge schlimmster Hungersnot grassierten Seuchen, insbesondere die Pest, unter der Tauchaer Bevölkerung. Mit Besiegelung des Westphälischen Friedens 1648 zählte Taucha etwa noch 270 Einwohner, kaum ein Drittel der Bevölkerung von 1628 (ca. 900). Die Anzahl der Schüler muss wohl folglich auch so gering gewesen sein, dass der Kantor Johann Kärntner das Schulamt zunächst ganz allein begleitete.
Dass das Schulgebäude erhalten blieb, ist vermutlich der Tatsache zu verdanken, dass es von den „kaiserlichen“ Truppe Tillys (1631) als auch von den schwedischen Truppen (1637) unter General Banér als Viehstall genutzt wurde. (8)

Johann Guth: Geschichte der Stadt Taucha / Textauszug

1714 wurde das inzwischen baufällige Schulgebäude durch einen größeren Neubau an gleicher Stelle ersetzt. Jenes soll ein klosterähnliches Aussehen gehabt haben, sodass im Oktober 1813, nach der Völkerschlacht bei Leipzig, die streng gläubigen Kosaken des russischen Heeres vor dem Gebäude niederknieten und sich bekreuzigten. (4)

Stadtschule

Mit Einführung des Volksschulgesetzes 1835 war das bestehende Schulgebäude völlig unzureichend. Am 1. Juli 1840 wurde das alte Schulgebäude abgerissen und bereits am 25. Oktober 1840 das neue an gleicher Stelle eingeweiht. Dieses hatte neben größeren Unterrichtsräumen im Erdgeschoss Lehrerwohnungen im Obergeschoss. In den folgenden Jahren gewinnt die Schule zunehmend an Bedeutung. Infolge der Industrialisierung wuchs die Bevölkerung und damit die Anzahl der Schüler. Deshalb wurde die Schule 1861 in erste und zweite Stadtschule geteilt und 1863 durch den Ostflügel erweitert. Schließlich wurde eine zweijährige Fortbildungsschule gegründet und 1872 eine höhere Abteilung der Stadtschule eröffnet.

Bereits 1875 wurde der Anbau wieder abgerissen und durch ein wesentlich größeres Schulhaus mit sechs Klassenzimmern ersetzt. Von da an wohnten die Lehrer nicht mehr in der Schule. Im selben Jahr endete auch die Schulkontrolle durch die Kirche.
1888/89 wurde der Schulbau um den Westflügel ergänzt, der zunächst als Rathaus von Taucha genutzt wurde, dann ab 1900 als Räumlichkeit einer höheren Bürgerschule diente, die jedoch nur bis 1905 bestand.

Die Geschichte des historischen Gebäudes neben Sankt Moritz ist zwischen 1905 und 1998 sehr wechselhaft. So wurde es zwischenzeitlich u.a. von der Freiwillige Feuerwehr, als Jugendheim, vom Kindergarten, als Bibliothek, als eine Zweigstelle des Arbeitsamtes, als Berufsschule, als Haus der Demokratie und durch die Stadtverwaltung genutzt. (9)
Seit Anfang 1999 wird es nach Umbauten wieder vom Gymnasium als Schulgebäude (Haus 2) genutzt. 2018 wurde der mittlere Teil des Schulgebäudes abgerissen und durch einen größeren Neubau ersetzt, der zusammen mit dem sanierten Ostflügel 2019 feierlich eingeweiht werden konnte.
Im Westflügel residiert heute die städtische Immobilienbetreuungs- und Verwaltungsgesellschaft.

Kollegium der Stadtschule Taucha um 1902

Die Stadtschule im Wandel der Zeiten

Volksschule

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts bedingte das stete Wachstum Tauchas eine wesentlich größere Schule. So wurde 1905 auf dem Gelände des Armenkassenfeldes (eine bewirtschafte Fläche zur Unterstützung der städtischen Armen) eine neue „Bürgerschule“ errichtet. Zunächst baute man den Nord- und Mittelflügel. Bei Bedarf, der bereits 1914 eintrat, wollte man den Schulbau um den Südflügel ergänzen.
Im „Führer für Taucha und Umgegend“ hieß es: „Die rund 840 Schulkinder werden von einem Schuldirektor, 13 ständigen und drei Hilfslehrern, sowie einer Handarbeits- und Turnlehrerin unterrichtet. Von Ostern 1906 ab bestehen: eine achtstufige mittlere Bürgerschule mit fakultativem Unterricht in der französischen, nach Bedarf auch in der lateinischen und englischen Sprache, eine achtstufige dergleichen, mit engeren Lehrzielen für Minderbefähigte, eine gewerbliche Fortbildungsschule, eine einfache Fortbildungsschule.“
Während die Klassenzimmer, ausgerüstet mit Holzbänken, deren Sitze hochgeklappt werden konnten, einem Schrank für Schulmaterialien, einem großen hölzernen Papierkorb und 2 Wandtafeln, sich im Nordflügel befanden, waren im Mittelbau Funktionsräume untergebracht. Straßenseitig gab es im Erdgeschoss ein „Kombinationszimmer“. Darüber lagen ursprünglich etwa in der gleichen Größe das Nähzimmer für die Mädchenklassen. Im zweiten Stock über dem Nähzimmer existierte in gleicher Größe der Zeichensaal. Hofseitig im Erdgeschoss hatte der Hausmeister sogar seine Wohnung. Links und rechts davon führte jeweils ein Gang zu den Jungen- und Mädchentoiletten, die außerhalb des Schulhauses gebaut worden waren. Zwischen den Gängen hatte der Hausmeister sein Gärtchen, das er von seiner Wohnung aus direkt erreichen konnte. Im ersten Stock lagen über der Hausmeisterwohnung Lehrer- und Direktorenzimmer mit Sekretariat; im zweiten Stock das Physikzimmer. Abgeschlossen wurde der Mittelbau durch eine große Schulaula, an deren Außenfront sich die große Schuluhr befand. Der große Schulgarten befand sich auf dem Gelände des heutigen Gartenvereins. Außerdem befand sich vor dem Mittelbau straßenseitig ein Hügel, der rundherum mit Blaufichten bepflanzt und mit einem Pavillon bebaut war. Dieser wurde „Warze“ genannt. Im Keller des Nordflügels befand sich ein großes „Brausebad“ für Schüler. Damit Tageslicht die Schulflure erhellen konnten, gab es in jeder Etage Lichthöfe zur Hofseite hin.

Teile des Schulgebäudes wurden auch für nichtschulische Zwecke genutzt. So gestattete zum Beispiel die Stadtverwaltung den Bürgern der Tauchaer Altstadt, im Winter den Schulboden über dem Nordflügel zum Wäschetrocknen zu nutzen. Im Sommer durften Tauchaer Teesammler ihre Kräuter auf diesem Schulboden trocknen. Als 1911 die St. Moritz-Kirche renoviert wurde, fand für ein halbes Jahr der sonntägliche Gottesdienst in der Schulaula statt. 1920 richtete man für geraume Zeit im Keller der Schule eine Jugendherberge ein. (4)

Die Bedeutung der Schule war wohl in der damaligen Zeit so hoch, dass sie der sächsische König Friedrich August III. während einer Inspektion durch Leipzig und Umland am 22. Februar 1908 besuchte.

Schuldirektor Kluttig

Impressionen

Der letzte König von Sachsen, Friedrich August III. (gebürtig Prinz Friedrich August Johann Ludwig Karl Gustav Gregor Philipp von Sachsen) zu Besuch an der Volksschule Taucha, 1908

Während des 1. Weltkrieges

Von den 24 Lehrkräften der Volksschule wurden 17 zum Heeresdienst einberufen. Von den übrigen sieben Lehrkräften starben vier im Verlaufe des Krieges. Um den Schulbetrieb aufrecht zu halten, halfen emeritierte Lehrer sowie Kindergärtnerinnen. Schulklassen wurden zusammengelegt, so dass ein Lehrer mitunter 140 Kinder gemeinsam zu unterrichten hatte. Der Ernährungs- und Gesundheitszustand der Lehrer und Schüler wurde vom Schuldirektor Kluttig als beklagenswert bezeichnet.
Bedürftige Kinder erhielten in Taucha seit 1907, in der Zeit zwischen Weihnachten und Ostern, regelmäßig Milch zum Frühstück. Das Geld hierfür wurde durch Schulkonzerte gesammelt. 1915 musste die Milch durch Krumms Vollkost ersetzt werden. Im Jahre 1916 konnte keine Schulspeisung mehr ausgegeben werden, da die Gelder fehlten und ein Schulkonzert angesichts der Lage unangebracht war.
Die Schule sah sich aufgrund zunehmender Diebstähle in Taucha gezwungen, eine Schließvorrichtung am Schuleingang sowie eine elektrische Klingelanlage zu installieren.
Im Februar 1917 musste die Schule bis auf Weiteres geschlossen werden, da trotz aller Bemühungen die nötigen Kohlen für die Schulheizung nicht zu beschaffen waren.

Kurz nach Fertigstellung des Südflügelanbaus im Jahre 1914 wurde jener dem Roten Kreuz als Lazarett zur Verfügung gestellt. Die Ausstattung desselben (100 Betten) lieferte die Einwohnerschaft aus eigenen Beständen. Die Schüler der oberen Klassen veranstalteten mehrfach Gesangs- und Unterhaltungsabende für die Kriegsverletzten. Das Lazarett wurde im Januar 1919 geschlossen.

Fotos aus dem Erinnerungsbüchlein des Roten Kreuzes: Erinnerungen an eine schwere Zeit, 1914-1919

Fotografien (Negative auf Glas) von A. Damm, im Besitz der Familie Kunze

Postkarte aus dem Lazarett Taucha 1917: Alfred an Helene

Während der Weimarer Republik

1919 richtete man in Taucha neben einer Hilfsschulklasse auch wieder eine höhere Abteilung ein, welche dem Lehrplan des neuen Reformgymnasiums folgte. Sie diente der Vorbereitung des Besuchs einer höheren Schule. Als Begründung für die Wiedereinrichtung der Abteilung führte Schuldirektor Kluttig, dass der Besuch Leipziger höherer Schulen für Tauchaer Einwohner sehr teuer war und er nur für Kinder wohlhabender Eltern in Frage käme. Mit der Einführung der Proreformgymnasialklassen könnten Kinder weniger betuchter Eltern eine weiterführende Schulbildung erreichen. Die Wege nach Leipzig seien zudem zeitlich und finanziell nicht tragbar. Da der Stadtgemeinderat im März 1919 die vollständige Schulgeldfreiheit für Tauchaer Kinder genehmigte, war auch der Besuch der höheren Abteilung kostenfrei.
Durch das höhere Unterrichtsziel war auch eine höhere Stundenanzahl (32-33) nötig. Für Volksschulklassen waren allerdings nur 30 Wochenstunden zulässig. Das Ministerium für Volksbildung bestand ab 1925 auf der Einhaltung der gesetzlichen Stundenzahl, so dass die in die Volksschule integrierte höhere Abteilung auslaufen musste. Die Einrichtung einer gänzlich neuen höheren Lehranstalt wurde seitens des Ministeriums mit dem Verweis auf die kriegsbedingt geburtenschwachen Jahrgänge abgelehnt. Die Argumente, dass Taucha ein beliebtes Zuzugsgebiet Leipziger war sowie durch die Ansiedlung neuer Fabriken ständig neuem Wachstum unterlag, konnten nicht fruchten. (1) Damit war für Tauchaer die Möglichkeit, eine höhere Schulbildung zu erlangen, erneut gescheitert.

Foto: Junkers Luftbild, Taucha vor 1927
Aufn.-Nr.: df_hauptkatalog_0010335
Reproduktionsnegativ (Glas, 9 x 12 cm, schwarzweiß)
Eigentümer: SLUB / Deutsche Fotothek

Schulgarten
Besondere Bedeutung kam dem Schulgarten in der Notzeit der Nachkriegsjahre zu. Anteilig ging dessen Ernte an die örtliche Notstandsküche, an die Schulkinder selbst sowie an die Tauchaer Kinderbewahranstalt. Ein Teil wurde von der Schule auf dem Markt verkauft; die Einnahmen daraus waren nicht unbeträchtlich.
Bereits vor dem 1. Weltkrieg auf einem Feld von 1.700 qm angelegt, wuchs der Garten 1924 auf 3.550 m^2. Die 1. bis 4. Klassen hatten ein bis zwei Stunden wöchentlich „Gartenarbeitsunterricht“; dabei war jede Klasse für bestimmte Beete verantwortlich. Auf dem „Schulübungsfeld“ wurden vor allem Kartoffeln, aber auch Welsch-, Rot- und Weißkraut, Kohlrabi, Spinat, Rote Rüben, Blumenkohl, Bohnen, Möhren sowie Äpfel, Birnen, Pfirsiche, Erdbeeren und Himbeeren geerntet. Der Schulgartenverwalter Alfred Thomas legte zudem außerordentlichen Wert auf die Schönheit des Gartens: so zierten ebenso Rosen, Federnelken, Grasnelken und Papageienblumen das Gelände. (8)

Lehrerkollegium Taucha 1923
Hintere Reihe stehend / 1 Winkler 2 Göhle 3 Eder 4 Zeitschel 5 Börner 6 Wolf / 7 Walther 8 Andreas 9 Nitsche 10 Richter / vordere Reihe stehend / 11 Kantor Schäffner 12 Winter 13 Urbach (Schall) 14 Dippmann / 15 Bach 16 Thomas 17 Bischoff 18 Weist 19 Herold / 20 Breunig / sitzend / 21 Meusel 22 Lässig 23 Uhlemann 24 Kulinsky 25 Dir. Kluttig / 26 Müller / 27 Langer / 28 Adler / 29 Lemcke / 30 Hubbbauer (Jähnig)

Kulturkampf in Taucha
Die Forderungen der Kirche durch Oberpfarrer Schwäbe und Pfarrer Bachewitz nach einer evangelisch-lutherischen Ortsschule, in der nicht nur Religionsunterricht erteilt werden müsse, sondern „das Religiöse in allen Unterrichtsfächern zu vermitteln sei und Schulgebete zum normalen Unterrichtsalltag gehören“, führten 1920 zu einer heftigen Auseinandersetzung mit der Schule. Die Lehrerschaft hatte sich einstimmig zur Gemeinschaftsschule bekannt, in der die Schüler der verschiedenen Religionsgemeinschaften und Bekenntnisse vereint sind. Die Mehrzahl der Lehrer plädierten für „Sittliche Lebenskunde“ als neuem Schulfach und für den Religionsunterricht außerhalb der Schule.
Die Debatte führte zu öffentlichen Auseinandersetzungen in Taucha, die auch vor gegenseitigen Beschimpfungen und persönlichen Diffamierungen nicht halt machten. So betonte der Rittergutsbesitzer und Vorsitzende der DNVP von Zickmantel unter Hinweis auf die Darwinsche Abstammungslehre, dass die „radikale Lehrerschaft“ und Oberlehrer Damm persönlich offensichtlich davon ausgingen, dass „ihre Ahnen von den Bäumen heruntergeholt“ worden seien. (8)

Elternräte
Nach der Novemberrevolution wurden an der Volksschule Taucha in jedem Jahr „Elternräte“ gewählt, die als Partner der Lehrerschaft bei der moralischen und geistigen Erziehung der Kinder mitwirken sollten. Die bürgerlichen Parteien standen diesen, wie allen anderen Räten, sehr kritisch gegenüber. Sie hielten die Elternräte für ein „klägliches Revolutions-Erzeugnis“. Hingegen legten die Arbeiterparteien großen Wert auf das bildungspolitische Engagement.
Das Wahlrecht für die Elternratswahlen konnten von beiden Elternteilen der Volksschüler wahrgenommen werden. Die Zahl der Stimmberechtigten war also höher als die Zahl der Schüler. Die Wahlbeteiligung war relativ gering und lag in der Regel unter 50 Prozent. 1922 gewann der bürgerliche Wahlausschuss mit sechs zu zwei Sitzen. 1925 war das Wahlergebnis ausgeglichen (Fünf Sitze für den bürgerlichen Wahlausschuss, drei für die proletarischen Freidenker und zwei für die SPD-Liste). Gleiches gilt auch für 1929 und 1931. (8)
Im Vorfeld der Elternratswahlen gab es häufig Auseinandersetzungen zwischen den Vertretern der bürgerlichen, christlichen Liste und den proletarischen Freidenkern. Die Bürgerlichen warben für ihre Liste mit Annoncen im „Anzeiger für Taucha und Umgebung“ und forderten die Eltern auf, die Vertreter der weltlichen Schule nicht zu wählen, da sie die „Jugend gefährdeten“. Sie verstanden ihre Aktionen als Teil des „Schulkampfes“ der evangelischen Landeskirchen, der seit dem Stuttgarter Kirchentag 1921 heftig geführt wurde.

Schulstreik
Auf dem Tiefpunkt der Wirtschaftskrise, Mai 1932, hielten vor allem arbeitslose Eltern ihre Kinder vom Schulbesuch ab, um damit gegen die erneute Kürzung der Unterstützungssätze für die Arbeitslosen zu protestieren und auf ihre große Not hinzuweisen.
Die kommunistischen Elternräte luden zu einer Versammlung ein, die sehr gut besucht war, und an der auch ein Teil der Lehrerschaft teilnahm. In einer Entschließung wurde betont, dass man für 2,80 RM/Woche ein Kind nicht ernähren könne und man gezwungen sei, die Kinder „hungernd in die Schule zu schicken“. Die Lehrerschaft machte den Vorschlag durch Einführung einer Schulspeisung die Not der Kinder zu lindern. Der Stadtrat Tauchas beschloss, den Forderungen nachzugeben und ein warmes Frühstück für alle bedürftigen Kinder zu finanzieren, sowie Bekleidung und Schuhwerk zur Verfügung zu stellen. Der Streik wurde im Juni beendet. Der Beschluss wurde aufgrund von Geldmangel letztlich nicht verwirklicht. (8)

Bericht des Schuldirektors Kluttig im Tauchaer Heimatblatt 1930

Während des Nationalsozialismus

Ab dem Jahr 1933 erhöhte sich die Einwohnerzahl Tauchas rapide; von 7.418 in genannten Jahr auf 19.547 im Jahre 1942 durch Eingemeindung der Orte Plösitz und Dewitz sowie durch die Ansiedlung der Mitteldeutschen Motorenwerke GmbH (MMW), der Erla-Maschinenwerk GmbH sowie der Hugo und Alfred Schneider AG (HASAG).
1936 betrug die Schülerzahl bereits 1.074 in 29 Klassen mit einer durchschnittlichen Klassenstärke von 37 Schülern. Erschwert wurde die Schultätigkeit zusätzlich durch die Anwesenheit des im Haus untergebrachten HJ Heims und des BDM Heims. (1)

MDR-Reportage über die HASAG

Neue Schule / alte Schule
Folglich musste ein neues Schulhaus errichtet werden. Der erste Spatenstich sollte 1938 erfolgen, verzögerte sich durch Kreditsperre des Staates, so dass die Einweihung der Volksschule II erst am 2. November 1940 erfolgte. Die neue Schule trug den Namen „Hermann Göring“ und war die erste neu erbaute Schule im Landkreis Leipzig seit Machtergreifung der NSDAP. Die Namensgebung entsprach dem Personenkult um die NS-Führer im Allgemeinen und der Heroisierung Görings als Jagdflieger im Besonderen. Göring stand dem Reichsluftfahrtministerium vor, für welches die ansässigen MMW und Erla-Werke ausschließlich produzierten. So wurde der Schulbau neben der Gemeinde und dem Land Sachsen auch vom Reichsluftfahrtministerium mitfinanziert. Nicht belegbar ist, dass der Löwe vor der Schule, welcher von dem Leipziger Bildhauer Bruno Eyermann gefertigt wurde, einem ausdrücklichen Wunsch Görings entsprach. Unwahrscheinlich ist es aber nicht, da Göring einen regelrechten Kult um dieses Tier betrieb. (11) Im Tauchaer Volksmund heißt das Gebäude noch heute „Löwenschule“.

Die Schulen Tauchas wurden nun auch verwaltungstechnisch in Volkschule I („alte Schule“) und Volksschule II (Hermann-Göring-Schule) getrennt. Die alte Schule besuchten dann noch die Kinder aus Taucha Ost, Dewitz, Plösitz, Graßdorf und Cradefeld.

Aufmarsch Deutscher Jungmädel (BDM) in Taucha

Hermann-Göring-Schule

1939 begann man auf Anweisung der vorgesetzten Behörden in den Lichthöfen des „alten“ Schulgebäudes Seidenraupen zu züchten, als Voraussetzung zur Herstellung von Fallschirmseide. Die dafür notwendigen Maulbeerbaumblätter erhielt man von den Bäumen, welche im Stadtgebiet vorhanden waren. (4)
Die Schüler hatten ab 1942 weitere Sonderleistungen zu erbringen, die im Interesse der Wehrwirtschaft lagen. Mit diesen Aktivitäten sanken auch die Schulleistungen. 1943 wurden alle Lehrer ab Jahrgang 1900 zum Kriegsdienst eingezogen, was ständige Stundenausfälle bedeutete.
Während des Krieges war Taucha zahlreichen Luftangriffen ausgesetzt, die vor allem der ansässigen Rüstungsindustrie galten. Allein im Schuljahr 40/41 wurde der Schulbetrieb 20 mal durch Fliegeralarm unterbrochen.
Mit dem Fortschreiten des 2. Weltkrieges nahm die Nutzung des „alten“ Schulgebäudes für nichtschulische Zwecke zu. Nach den schweren Bombenangriffen auf Leipzig am 4. Dezember 1943 wurden zahlreiche ausgebombte Leipziger im Schulgebäude untergebracht, was zu weiteren Einschränkungen des Schulbetriebes führte.
Am 20. Februar 1944 zerstörte eine Fliegerbombe die Hermann-Göring-Schule zu 2/5. Durch den Wegfall des beschädigten Gebäudes mussten nun alle Volksschüler Tauchas wieder in der alten Schule unterrichtet werden. Durch die extreme Überbelegung konnte der Unterricht nur in zwei Schichten durchgeführt werden.
Am 28. Februar 1944 musste die Schule gänzlich geräumt werden. Das Schulinventar brachte man in Scheunen und anderen Gebäuden der umliegenden Bauernhöfe unter. Der Unterricht fand in Ausweichräumen, meist Gaststätten, statt. Am 29. Februar 1944 quartierte man zwei Baukompanien mit 440 Mann in der Schule ein. Diese sollten die Bombenschäden in den Erla-Flugzeugwerken beseitigen. Anfang August 1944 wurden für 8 Tage ausländische Zwangsarbeiter aus den Gefangenenlagern der Mitteldeutschen Motorenwerke (MMW) im Schulgebäude untergebracht, da die Lager bei Bombenangriffen beschädigt worden waren. (4)
Anfang September 1944 erließ das Ministerium die Verfügung zum „totalen Kriegseinsatz“. Sämtliche Jugendliche ab dem 15. Lebensjahr wurden zum „Wehreinsatz“, in der Regel als Flak-Helfer, eingezogen.

LWH = Luftwaffenhelfereinsatz in Thekla, Lützschena, Jesewitz-Gotha

01 Wolfgang Mahr / LWH
02 Magnus Saage / LWH
03 Hans Treibar / LWH
04 Manfred Wilke
05 Helmut Köthnig / LWH
06 Robert Haupt / LWH
07 Manfred Weidner
08 Herbert Kühnapfel
09 Rudolf Dietrich / LWH, gefallen
10 Rolf Winkler / LWH, verstorben
11 Harti Stemmler / LWH
12 Horst Winkler
13 Manfred Schädlich / LWH, verstorben
14 Herbert Winkler
15 Edgar Naupold / LWH, gefallen an der Bergstraße
16 Dieter Wünschig
17 Horst Fröhlich / LWH, verstorben

Foto der Klasse von Georg Weist, 1943
Jahrgang 1927/28

Oberschule
Im März 1942 stellte der Bürgermeister Dr. Uhlemann beim Volksbildungsministerium in Dresden den Antrag, in Taucha eine Oberschule zu errichten. Das Ministerium genehmigte die Errichtung einer „Städtischen Oberschule für Jungen“. Am 1. September 1942 wurde die Oberschule Taucha eröffnet.
Die Bezeichnung „Städtischen Oberschule für Jungen“ verwies darauf, dass es sich bei der Schule um keine staatliche Pflichtschule handelte und dass die Gemeinde somit die entsprechenden Mittel dafür bereitzustellen hatte.
Diese Bezeichnung sollte jedoch nicht die Aufnahme von entsprechend begabten Mädchen verhindern. Daher begann der Unterricht auch mit einer gemischten Klasse.
Bei der Oberschule handelte es sich um eine höhere Schule, die den Leipziger Schulen vollkommen gleich gestellt war. Sie sollte tieferes und umfassenderes Wissen als die Volksschule vermitteln. Die Oberschule gewann während des Krieges immer mehr an Bedeutung, da infolge des außerordentlichen Notstandes der höheren Schulen in der vom Luftkrieg schwer betroffenen Stadt Leipzig, von Leipziger Eltern die hiesige Oberschule als Ausweichschule angenommen wurde.
Die Städtische Oberschule für Jungen in Taucha wurde zum 1. April 1946 geschlossen. (1)

Krankenhaus am Park mit den Barackenanbauten der Oberschule

Die Unterrichtsräume sollten zunächst provisorisch im Erdgeschoss des früheren Krankenhauses am Park einquartiert werden bis ein entsprechendes Schulgebäude errichtet würde. Aufgrund der Kriegswirtschaft konnte ein Neubau nicht umgesetzt werden. Daher strebte man einen Barackenbau am ehemaligen Stadtkrankenhaus als Ergänzung der provisorischen Schulräume an. Dieser wurde vom Reichswohnungskommissar als „Nachfolgebau von Großsiedlungsvorhaben der Rüstungsindustrie der Luftwaffe“ bewilligt. Die Bauarbeiten begannen im Juni 1944.

Die Tauchaer Wirtschaft unterstützte die Oberschule durch Gründung einer Stiftung, in die beträchtliche Geldsummen flossen: MMW 2.000 RM, Erla-Maschinenwerke 5.000 RM, HASAG Werk 2.000 RM, Energie AG Leipzig 2.000 RM, Rodas Maschinenfabrik 1.000 RM, Thiermann Taucha 2.000 RM, Dr. F. Wilhelmi Fabrik Chemischer Produkte 6.000 RM. (1)

Die Legende vom Ende
So war in der Delitzsch-Eilenburger Kreiszeitung vom 01.07.04 zu lesen, dass es dem Amtmann Karl Hermann Jubisch zu verdanken sei, dass Taucha von den US-Amerikanern nicht wie Eilenburg zerstört wurde. Er soll am 19. April 1945 all seinen Mut zusammengenommen haben, sich in sein Auto gesetzt und mit einer weißen Fahne als Kapitulationszeichen den alliierten Truppen entgegen gefahren sein. Am „Schwarzen Berg“ soll er diese erreicht und die Parthestadt kampflos übergeben haben.
Die Realität war wohl nicht ganz so heroisch, aber mit dem gleichen erfreulichen Ergebnis, wie aus einem Brief einer Zeitzeugin an das Stadtmuseum von 2008 hervorgeht.

Herrmann Kubisch, Geschichte der Tauchaer Schule

Hermann Jubisch

Zeitzeugenbericht

Polytechnische Oberschule

Der Neuanfang
Am 25. August 1945 wurde vom Obersten Chef der Sowjetischen Militärverwaltung in Deutschland, Marschall Shukow, der Befehl Nr. 40 „Über die Vorbereitung der Schulen zum Schulbetrieb“ verkündet. Dieser beinhaltete u.a. „eine völlige Befreiung des Unterrichts und der Erziehung von nazistischen, militaristischen, Rassen- und anderen reaktionären Theorien sowie auch von allen Elementen theoretischer und praktischer militärischer Vorbereitung“. Dazu gehörte auch die Erfassung aller Lehrer, die Anstellung aber nur derjenigen, die „keinen aktiven Anteil an faschistischen Organisationen und Gesellschaften genommen“ hatten und fähig waren , „demokratische Grundsätze im Unterricht und in der Erziehung durchzuführen“. Darüber hinaus sollten Personen „aus demokratischen, antifaschistischen Kreisen der deutschen Intelligenz“ als „Neu-Lehrer“ herangezogen werden. (12)
Folglich besichtigte die Kommandantur der Sowjetischen Militärverwaltung in Taucha am 20. September die Schule. Am nächsten Tag fand eine Zusammenkunft aller Lehrkräfte mit dem sowjetischen Kommandanten Gardemajor Tscherniaew und dem Bürgermeister statt. Der Lehrer Georg Weist wurde zum kommissarischen Schulleiter ernannt. Am 1. Oktober 1945 begann nach Feierlichkeiten (siehe Fotokopie der Einladung Tscherniaews) wieder der Unterricht.

Einladung Tscherniaews zur Eröffnungsfeier der Schule 1945 (Fotokopie aus den 70ern)

Zunächst war die Schulsituation denkbar ungünstig. Mitte November 1945 waren die meisten Altlehrer aufgrund der Anordnung der Verwaltung des Landes Sachsen vom 9.11.1945 entlassen worden. Es blieben bis zum 15. Dezember 1945 die Lehrer Bischoff, Bach und Breuning, sowie bis zum 31.12. der kommissarische Schulleiter Weist, der später Stellvertreter wurde. Im Schuldienst verblieb außerdem Frau Schiller. Die Übergangszeit forderte von allen Beteiligten große Einsatzfreudigkeit, denn es mangelte am Elementarsten: an Lehrplänen, Lehrbüchern und Lernmitteln. Für 40 Klassen standen nur 7 Lehrer zur Verfügung. Gemildert wurde der Notstand 1946 durch die sogenannten „Neulehrer“.
Das „Gesetz zur Demokratisierung der deutschen Schule“ vom 22. Mai 1946 beinhaltete das neue Bildungsziel: „die Jugend zu selbständig denkenden und verantwortungsbewusst handelnden Menschen zu erziehen, die fähig sind, sich voll in den Dienst der Gemeinschaft des Volkes zu stellen.“ Aus der ehemaligen Volksschule wurde im Zuge des Neuaufbaus die achtjährige Grundschule.
1946 fanden in der Aula mehrere große Impfaktionen gegen Typhus und Pocken statt. 1947 mussten 16 Klassen in Ausweichquartieren beschult werden, weil das Heizmaterial fehlte. Im Januar 1947 wurde in den Kellerräumen der Schule eine Volksküche für Not leidende Tauchaer eingerichtet, in der allein im genannten Jahr 414500 Portionen ausgegeben wurden. (4)
1950 wurden die alten Abortanlagen samt der Zugangswege abgerissen und in die Lichthöfe aller Etagen für die damalige Zeit moderne Toiletten eingebaut. Durch den Abriss konnte der Schulhof auf die heutige Größe ausgedehnt werden. (4)

Der Bericht über die Schulbegehung vom 31.10.49 gibt einen Überblick über die materiellen Gegebenheiten dieser Zeit. Auch die folgenden Auszüge aus den Protokollen der Pädagogischen Räte sollen dies veranschaulichen:

  • 29. Januar 1949: „Die Schuhbezugsscheinverteilung erfolgt schriftlich durch die Schule …“
  • 7. März 1949: „Jedes Kind, jede Lehrkraft und alle Kindergärtnerinnen erhalten 100 Gramm Öl. Bezugsscheine dafür können am 8.3. gegen Quittung beim Schulleiter Uhlemann abgeholt werden. Die Ausgabe des Öls erfolgt am 10.3. im Konsum in der Poststraße …“
  • 26. April 1949: “ … alle Kinder erhalten täglich 5 Gramm Marmelade und ein Brötchen“ (siehe Abrechnung)
  • 25. Mai 1949: „… ein Kind jeder Klasse kann Lederbesohlung für ein paar Schuhe erhalten. Für alle anderen Kinder ist Gummibesohlung möglich. Besohlung erfolgt durch Goltsch, Bahnhofstraße 35“
  • 28. September 1949: „Aus freien Spitzen soll 30 Gramm Butter an die Kinder verteilt werden. Deshalb wird diese in 300 Gramm Gebäckstücken (entspricht der Wochenbrötchenration) verbacken. … Kinder, die entschuldigt fehlen, erhalten auch die Zuwendung …“

Durch den Bürgermeister wird am 24. September 1945 der durch den Stadtrat am 26. Mai 1933 in „Gustav-Kluttig-Weg“ umbenannte Weg in „Käthe-Kollwitz-Weg“ erneut umbenannt, da Gustav Kluttig trotz erwähnter Verdienste als bürgerlicher Liberaler und steter Gegner der Arbeiterbewegung charakterisiert wurde. Zuvor war der Weg ein Teil der „Wallstraße“. Heute ist der Weg eine Sackgasse, da das Schulgelände des Gymnasiums und die Außenanlage der Mehrzweckhalle 1962 erweitert wurden. (10)

Brötchenzuteilung 1947

Dazu: Auszug aus einem Interview mit dem Ehepaar Syrbe

Bericht der Schulbegehung 1949

Beim Entladen der Kohle: Lehrer Helmboldt, Walnoch, Erler, Zeitschel, Strauch, Hennig, Knöchel, Hausmeister Warnke und Raabe (v. l. n. r.), 1949

Dazu: Auszug aus einem Interview mit dem Ehepaar Syrbe

Fünf Tage nach Gründung der Deutschen Demokratischen Republik beglückwünschen die Tauchaer Schüler den neuen Ministerpräsidenten Otto Grotewohl in einem Brief dessen Abschrift in der Schulchronik erhalten ist. (Inwieweit dieses Schreiben auf die Eigenmotivation einer Schülervertretung oder eher einer Weisung durch die Schulleitung zurückzuführen ist, geht aus der Chronik nicht hervor.) Jedenfalls am 24. Oktober 1949 bekommen sie eine Antwort.

Abschrift (1970) des Glückwunschschreibens der Schüler

Die Antwort O. Grotewohls

Schulklasse U. Syrbes, geb. Thiele 1951, Klassenlehrerin Frau Binder

9. Klasse U. Syrbes, geb. Thiele, Deutschlehrerin Frau Jahn (1956)

Am 22. Februar 1950 erhielt die Tauchaer Grundschule I den Namen der Geschwister Scholl verliehen. Das Vermächtnis beider Antifaschisten zu erfüllen, das versprachen Lehrer und Schüler. (13) Der Bericht über die Feierstunde der Namensgebung illustriert das Ereignis.

Bericht über die Feierstunde der Namensgebung 1950

Durch die Stadtverordneten wird am 2. März 1950 die „Albert-Damm-Straße“ als Folge der Namensgebung für die an ihr liegenden Grundschule I in „Geschwister-Scholl-Schule“ in „Geschwister-Scholl-Straße“ umbenannt. Die Umbenennung der erst am 27. November 1947 aus „Pinkepank“ umbenannten Straße erfolgt mit der Begründung, dass der Name Albert Damm trotz dessen unzweifelhafter Verdienste „als Name einer Straße nicht fortgepflegt werden soll, weil seine pädagogischen Fähigkeiten keineswegs fortschrittlich waren“. (10)
(Albert Damm, 1864 Seehausen – 1947 Taucha; Lehrer und wichtiger Ortschronist Tauchas)

Das Programm zur Feierstunde

[Diese Seite ist eine Arbeitsfassung, die Schritt für Schritt um Inhalte ergänzt werden wird. Kollegen und Bürger Tauchas arbeiten uns dabei zu und auch Sie/du sind/bist herzlich eingeladen, die Chronik unserer Schule zu bereichern.]

Quellenverzeichnis

1

Hoffmann, Anja: Diplomarbeit – Die Entwicklung des Schulwesens der Stadt Taucha – von den Anfängen bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts, Universität Leipzig, 2010

2

Wolfgang Schröder: Taucha unter der Herrschaft des „Erbaren, Ehrenvesten und Hochweisen Raths der Stadt Leipzigk“, Alltag und Alltägliches vor und nach dem 30jährigen Krieg, Hrsg. Heimatverein Taucha e.V., Engelsdorfer Verlag 2005, S. 75

3

Dolz, Johann Christian: Versuch einer Geschichte Leipzigs: von seinem Entstehen bis auf die neuesten Zeiten, Voß 1818, S. 166f.

4

Gilardon, Dr. Klaus: Gang zu den historischen Schulgebäuden im Alten Taucha, Hrsg. Verein der Freunde und Förderer des Geschwister-Scholl-Gymnasiums Taucha e.V., 2004

5

Stadt Taucha, Staatsarchiv, Gerichtshandelsbücher, Nummer 4/1597ff., Blatt 24, Acta vom 5. Oktober 1597

6

Wolfgang Schröder: Taucha unter der Herrschaft des „Erbaren, Ehrenvesten und Hochweisen Raths der Stadt Leipzigk“, Alltag und Alltägliches vor und nach dem 30jährigen Krieg, Hrsg. Heimatverein Taucha e.V., Engelsdorfer Verlag 2005, S. 120ff.

7

Guth, Johann Christian: Geschichte der Stadt Taucha von der Zeit ihrer Gründung bis zum Jahre 1813 : nach d. Quellen u. d. Zeugniß anerkannter Quellenschriftsteller, S. 41f., Thallwitz 1866

8

Müller, Gerhard: Taucha während der Weimarer Republik 1918-1933, Tauchaer Verlag 2003, S. 242ff.

9

Köhler, Helmut & Porzig, Detlef: Spaziergang durch Taucha, Tauchaer Verlag 1999, S. 86ff.

10

Porzig, Detlef: Die Namen der Straßen und Plätze in der Stadt Taucha, Tauchaer Verlag 2007, S. 66f., 77

11

Susanne Spröer: Hitlers Hunde, Görings Löwen: Wie die Nazis auch Tiere missbrauchten, Deutsche Welle 2020
Permalink: https://p.dw.com/p/3cv8r

12

Handbuch der deutschen Bildungsgeschichte, Band VI: 1945 bis zur Gegenwart, Zweiter Teilband: Deutsche Demokratische Republik und neue Bundesländer, hrsg. von Christoph Führ und Carl-Ludwig Furck, S. 167ff.

13

Chronik der Geschwister-Scholl-Oberschule Taucha, 1970